Krankenhaus-Report 2011

Schwerpunkt: Qualität durch Wettbewerb

Im Gesundheitswesen hat Wettbewerb nicht nur zum Ziel, Leistungen möglichst kostengünstig zu erbringen. Er ist auch notwendig, um innovative Versorgungsformen zu entwickeln und die Qualität der Leistungserbringung zu sichern und kontinuierlich zu verbessern. Die Einführung der G-DRGs hat die Transparenz stationärer Leistungen deutlich erhöht und damit neue Möglichkeiten im klinikinternen Qualitätsmanagement und in der externen Qualitätssicherung eröffnet. Perspektivisch ist auch zu erwarten, dass Qualitätsparameter in Versorgungsverträgen und in der Krankenhausplanung stärker berücksichtigt werden.

Inhaltsverzeichnis

Teil I Schwerpunktthema: Qualität durch Wettbewerb

Qualität durch Wettbewerb

Jürgen Wasem und Max Geraedts

Vom Wettbewerb erwarten sich die Ökonomen einen Beitrag zu einer effizienten, den Bedürfnissen der Nachfrager entsprechenden Versorgung mit Gütern und Diensten und eine leistungsgerechte Verteilung der Ressourcen. Im Vergleich zu vielen anderen Bereichen der Wirtschaft wird das Gesundheitswesen überwiegend nicht über wettbewerbliche Mechanismen gesteuert, vielmehr dominieren korporative Koordination und staatliche Administration. In der Krankenhausversorgung besteht gegenwärtig Wettbewerb insbesondere auf dem Behandlungsmarkt zwischen Krankenhäusern um Patienten und ihre einweisenden Ärzte. Hingegen besteht kaum Wettbewerb auf dem Leistungsmarkt zwischen Krankenhäusern um Verträge mit Krankenkassen („Vertragswettbewerb“). Politisch werden sowohl Modelle zur Stärkung des Wettbewerbs auf dem Behandlungsmarkt als auch Konzepte zum Ausbau des Vertragswettbewerbs diskutiert. Damit der Wettbewerb auch um Qualität geführt werden kann, ist in beiden „Welten“ erforderlich, dass die bestehende Informationsasymmetrie zwischen den Leistungsanbietern und den Kunden überwunden wird. Dazu ist erforderlich, dass Qualitätsinformationen an den Bedarf der Nutzer angepasst werden. Erforderlich ist allerdings auch, dass das Qualitätsargument in den Entscheidungskalkülen der Akteure einen hinreichenden Stellenwert im Vergleich zu den anderen entscheidungsrelevanten Parametern einnimmt. Dazu müssen auch regulative Voraussetzungen geschaffen werden.

Stand und Perspektive der stationären Qualitätssicherung in Deutschland

Thomas Mansky

Die Entwicklung der Vergütungssysteme, die damit erweiterte Verfügbarkeit medizinischer Daten und die technische Entwicklung machen bisher kaum in der Routine darstellbare Qualitätsindikatoren mit nur geringem Zusatzaufwand messbar. Diese Erweiterung der Möglichkeiten ergänzt die bisherigen, stärker prozessorientierten und aufwändigen Verfahren in sinnvoller Weise oder kann diese zum Teil sogar in effizienterer Form, das heißt mit stark reduziertem Erfassungsaufwand ersetzen. Mit diesen neuen Methoden lassen sich auch die mittel- beziehungsweise langfristige Entwicklungen eines Krankheitsbildes beziehungsweise Behandlungsergebnisses nach Erstbehandlung oder Intervention verfolgen. Solche Messungen sind inhärent sektorübergreifend. Gleichzeitig kann diese Art der Messung auch auf Seiten der Krankenkassen durchgeführt werden, sodass das bisherige Monopol der Anbieter bezüglich der Qualitätsmessung entfällt. Mit der Erweiterung der Möglichkeiten ändert sich auch der Anwendungszweck der Qualitätsindikatoren. Die vergleichende Darstellung, die Einbindung in Versorgungsverträge und künftig die eventuelle Verwendung im Vergütungssystem rücken stärker in den Vordergrund. Diese neuen Anwendungsbereiche erfordern aber auch, dass bei der Beurteilung von entsprechenden, einrichtungsextern verwendeten Qualitätsindikatoren neben der medizinischen Bedeutung und Aussagekraft weitere Kriterien, wie zum Beispiel die Manipulationsresistenz, mehr Beachtung finden. Die bisherige rein medizinische Bewertung von Qualitätsindikatoren ist daher um weitere Dimensionen zu ergänzen, die hier erörtert werden.

Ermittlung der klinikspezifischen Ergebnisqualität der Behandlung von Früh- und Neugeborenen mit sehr niedrigem Geburtsgewicht (VLBWs) auf der Basis von Routinedaten

Günther Heller

In diesem Beitrag wird dargelegt, wie die Ergebnisqualität auf der Basis von Routinedaten erhoben und klinikspezifisch ausgewiesen werden kann. Dabei werden Analysen von insgesamt über 16.600 AOK-versicherten sehr untergewichtigen Früh- und Neugeborenen (VLBWs) der Jahre 2003 bis 2009 erstellt und ein Vergleich der aktuell noch an der Regelversorgung teilnehmenden Level-1-Kliniken durchgeführt. Die Vor- und Nachteile von routinedatenbasierten Messmethoden im Vergleich zu Analysen auf Basis der seit 30 Jahren in Deutschland existierenden Neonatalerhebung werden diskutiert und Möglichkeiten einer künftigen sektorenübergreifenden Qualitätssicherung für VLBWs skizziert.

Lebensdauer von Hüftgelenksimplantaten in Deutschland

Günther Heller

Im vorliegenden Artikel wird erstmals die langfristige Lebensdauer oder die Standzeit von elektiven Hüft-Endoprothesen in Deutschland anhand von über 170.000 AOK-Patienten mit Entlassdatum 2005 bis 2009, einem Follow-up bis Ende 2009 und einer Gesamtbeobachtungsdauer von mehr als 480.000 Personenjahren untersucht. Darüber hinaus wurden erste Analysen zu möglichen Determinanten der Lebensdauer der Implantate erstellt. Die 5-Jahres-Überlebensrate über alle Endoprothesen betrug 0,953; 95 %-Konfidenzintervall = 0,951–0,954. Dabei wurden Revisionsoperationen mit Wechsel oder Entfernung häufiger bei Männern, bei Jüngeren oder bei Patienten mit Diabetes durchgeführt. Den stärksten Zusammenhang mit der Überlebenszeit der Implantate wiesen die unterschiedlichen Endoprothesen-Typen auf.

Selektivverträge im Krankenhausbereich als Instrument zur Verbesserung von Qualität und Effizienz

Matthias Mohrmann und Volker Koch

Für das deutsche Gesundheitswesen insgesamt wie für den Krankenhausbereich im Besonderen gilt: Die Kosten sind gemessen am Bruttoinlandsprodukt hoch, die Qualität ist aber nur durchschnittlich. Dabei sind bezüglich der Qualität signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Krankenhäusern festzustellen. Die Qualitätssicherung mit Routinedaten des AOK-Systems ist aufgrund des über den primären Krankenhausaufenthalt hinausgehenden Betrachtungszeitraums ein entscheidender Fortschritt und eine wichtige Ergänzung bestehender Qualitätssicherungssysteme. Dies wird am Beispiel der elektiven Endoprothetik deutlich. Die rechtlichen Möglichkeiten für die Krankenkassen, aus der Kenntnis von Qualitätsunterschieden Konsequenzen zu ziehen, sind heute noch eng begrenzt. Eine Erweiterung des rechtlichen Rahmens um selektivvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten stellt einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Qualität und Effizienz im Krankenhausbereich Deutschlands dar. Bedenken gegen selektivvertragliche Elemente sind ernst zu nehmen, lassen sich bei intensivem Befassen mit den ihnen zugrunde liegenden Befürchtungen aber meist ausräumen. Wichtig ist ein konstruktiver Dialog der Beteiligten mit dem Ziel einer Optimierung der stationären Versorgung.

Qualität als Wettbewerbsparameter des Krankenhauses

Annabelle Neudam und Heidemarie Haeske-Seeberg

Krankenhäuser stehen unter immer größerem Wettbewerbsdruck, der durch zahlreiche Veränderungen im Gesundheitssystem und im politischen Umfeld hervorgerufen worden ist. Mit einem fundierten Qualitätsmanagement und einer professionellen Vermarktung guter Leistungen ist es für ein Krankenhaus jedoch möglich, sich gegenüber Wettbewerbsteilnehmern gut zu positionieren. Die Zielgruppe aller Aktivitäten sind dabei die Kunden. Verschiedene Instrumente der Qualitätssicherung und des Krankenhausmarketings können für den Patienten aussagekräftig aufbereitet und leicht zugänglich gemacht werden. Wenn es um die Entscheidung eines Patienten für ein Krankenhaus geht, gewinnen neben den bereits etablierten Qualitätsberichten insbesondere die Internetauftritte der Kliniken sowie vergleichende Internetportale an Bedeutung.

Wahrnehmung und Nutzung von Qualitätsinformationen durch Patienten

Max Geraedts und Werner de Cruppé

Obwohl Informationsangebote zur Qualität der Gesundheitsversorgung zunehmen, äußern Patienten einen weiterhin unbefriedigten Informationsbedarf. Am Beispiel der Krankenhauswahl stellt der Beitrag rechtliche und epidemiologische Rahmenbedingungen dar und resümiert den derzeitigen Wissensstand, welche Informationen für Patienten relevant sind, aber auch, wie geringe Verständlichkeit und Zugänglichkeit die Verwendung bestehender Informationsangebote einschränken. Hierbei können alters-, schicht- und geschlechtsspezifische Unterschiede festgestellt werden. Abschließend wird ein Ausblick auf neue Angebote vergleichender Qualitätsinformationen gegeben, die zukünftig eventuell den Entscheidungsprozess für Patienten besser unterstützen können.

Pay for Performance (P4P): Auswirkungen auf die Qualität und Abgrenzung von der Einzelleistungsvergütung

Matthias Schrappe und Nejla Gültekin

Pay for Performance (P4P) verknüpft Vergütungsbestandteile mit definierten Qualitätsindikatoren. P4P hat auch in Deutschland an Bedeutung gewonnen und wurde gesetzlich ermöglicht. Der Systematische Review des Sachverständigenrates aus 2007 hat 28 kontrollierte Studien zur Auswirkung auf die Qualität der Versorgung identifiziert, von denen 21 positive Auswirkungen zeigen. Die in den letzten Jahren erschienenen langfristigen Evaluationen zum Beispiel im Quality and Outcomes Framework in Großbritannien weisen nun differenziertere Befunde auf. Nicht nur dass verschiedene Erkrankungen unterschiedlich reagieren und teilweise rasch ein Ceiling-Effekt auftritt, sondern es steht die Nachhaltigkeit in Frage und es kann zu Opportunitätseffekten mit Verschlechterung anderer Bereiche kommen. Negative Effekte wie Motivationsverschlechterung, Zugangseinschränkungen und Benachteiligung vulnerabler Patientengruppen haben sich jedoch nicht bestätigt. Wichtig für die weitere Entwicklung erscheinen zum einen die Umsetzungsmodalitäten, insbesondere die Spezifizierung der finanziellen Anreize (absoluter Grenzwert, absolute oder relative Position in einer Ranking-Tabelle). Zum anderen heben gerade die britischen Erfahrungen den möglichen Übergang zur Einzelleistungsvergütung hervor. Vermieden werden kann diese Entwicklung nur durch Kombination mit anderen strukturellen Veränderungen, die ebenfalls zu einer Veränderung der Anreize führen und die jeweiligen lokalen Begebenheiten berücksichtigen.

Pay for Performance im Krankenhaus: Erfahrungen in den USA

Ateev Mehrotra, Cheryl L. Damberg, Melony E.S. Sorbero, Stephanie S. Teleki und Sören Mattke

In den USA gibt es inzwischen mehr als 40 Pay-for-Performance (P4P)-Progamme im privaten Krankenhaussektor, und das amerikanische Parlament erwägt die Einführung eines P4P-Programms für Medicare-finanzierte Krankenhausbehandlungen. Angesichts des wachsenden Interesses an P4P im Krankenhaus wird in diesem Beitrag anhand eines systematischen Literaturreviews untersucht, welche Wirkung P4P hinsichtlich klinischer Prozessqualität, Behandlungsergebnisse, Patientenerfahrungen, Sicherheit und Ressourcenauslastung hat. Noch gibt es wenige formelle Bewertungen von P4P im Krankenhaus, und die meisten der acht bisher veröffentlichten Studien weisen methodische Mängel auf. Die stringentesten Studien konzentrieren sich auf die klinische Prozessqualität. Es zeigt sich, dass Krankenhäuser, die an der Premier Hospital Quality Incentive Demonstration, einem P4P-Programm der Centers for Medicare und Medicaid Services (CMS), teilgenommen hatten, eine Qualitätssteigerung aufwiesen, die um zwei bis vier Prozentpunkte höher lag als bei den Krankenhäusern der Kontrollgruppe. Um die Wirkungen von P4P im Krankenhaus zu bewerten und zu beurteilen, ob der Nutzen von Investitionen in P4P die damit verbundenen Kosten aufwiegt, bedarf es weiterer systematischer Evaluation.

Pay for Performance – Rahmenbedingungen für ein konkretes Modell im Bereich der Endoprothetik

Jürgen Malzahn, Kerstin Heyde und Claus Fahlenbrach

Pay for Performance (P4P) hat viele Gesichter und ist derzeit auf der deutschen gesundheitspolitischen Agenda. P4P kann jedoch nur auf Basis von nachgewiesener Ergebnisqualität für ausgewählte Indikationen ein sinnvoller Ansatz sein, mit dem kontrolliert Qualitätselemente in die Vergütung integriert werden können. Auf Basis des AOK-QSR-Verfahrens zur Hüft-Endoprothesen-Implantation (Hüft-EP) wird exemplarisch der Nachweis geführt, dass überdurchschnittliche Qualität bei der Hüft-EP in einem Zusammenhang mit „Krankenhausgesamtkosten des Folgejahres“ und „Erhöhungshäufigkeit von Pflegestufen“ steht. Sofern mit geeigneten Direktverträgen Patienten verstärkt in qualitativ überdurchschnittliche Krankenhäuser gesteuert werden können, besteht auch Spielraum für Vergütungszuschläge über die vereinbarte Grundvergütung der Leistungen hinaus.

Teil II Zur Diskussion

Die Zukunft der Vergütung von Krankenhausleistungen

Günter Neubauer, Andreas Beivers und Dieter Paffrath

Die Einführung des DRG-Fallpauschalensystems hat die Leistungstransparenz in Krankenhäusern deutlich gesteigert. Die gewünschten Effekte auf die Krankenhausverweildauern sind eingetreten. Völlig ausgeblendet bleibt jedoch die Lenkungsfunktion der Preise. Die Etablierung des DRG-Systems als Festpreissystem, wie im KHRG vorgesehen, führt nicht nur zu festen, sondern auch zu deutschlandweit einheitlichen Preisen innerhalb eines Basisfallwertkorridors. Im Ergebnis wird durch den Verzicht auf Preissteuerung eine Fehlallokation knapper Ressourcen hingenommen. Der verstärkt zu beobachtende Innovationswettbewerb zwischen Krankenhäusern unterschiedlicher Versorgungsstufen, der zu einer Doppelvorhaltung von Kapazitäten führt, ist hierfür ein gutes Beispiel. Dies verdeutlicht, dass die Festsetzung von Einheitspreisen keinen Fortschritt bringt, sondern im Gegenteil zu einem Effizienzverlust führt. Denn wer ungleiche Leistungen gleich vergütet, lenkt die knappen Ressourcen in Unter-, Über- oder Fehlversorgung. In einem dynamischen Umfeld kann es nur aufgrund von staatlichen Verordnungen Einheitspreise geben. Aus ordnungstheoretischer Sicht besteht daher die Notwendigkeit für differenzierte Preise, die unter anderem den Ort der Leistungserbringung, die zeitliche Verfügbarkeit, die Qualität und die angebotene Leistungsmenge berücksichtigen. Wenn überhaupt staatliche Preisvorgaben Anwendung finden sollen, dann sollten diese als Richtpreise ausgestaltet werden. Der immer wieder geforderte Qualitätswettbewerb ohne Preiswettbewerb wird daher auf Dauer keinen Erfolg aufweisen, denn der Wettbewerb ist unteilbar! Ziel muss ein Preis-Leistungs-Wettbewerb sein unter Mitwirkung der Patienten und Versicherten.

Investitionspauschalen als Weg in die Monistik?

Boris Augurzky

Die derzeitige dualistische Krankenhausfinanzierung weist zwei wesentliche Probleme auf: Erstens hat sie zu einer Unterfinanzierung im investiven Bereich von Krankenhäusern und damit zu einem Investitionsstau in der Größenordnung von rund zwölf Milliarden Euro geführt. Zweitens führt sie zu einer ineffizienten Kapitalallokation, was durch empirische Untersuchungen gestützt wird. Letzteres Problem ließe sich durch einen Wechsel zu einer monistischen Finanzierung beheben, der allerdings praktisch unmöglich ist. Eine ebenso effektive Alternative stellen Investitionspauschalen dar, die ab 2012 von den Bundesländen eingeführt werden können. Den Ländern ist zu raten, sich aus Effizienzgründen für einen Umstieg zu entscheiden. Langfristig ist sogar ein weiterer Schritt denkbar. Wenn es gelingt, zumindest das bundesweite Investitionsmittelvolumen bezogen auf das Land mit der geringsten Förderung je Fall auf die Krankenversicherungen zu übertragen – idealerweise nach Beendigung des GKV-PKV-Dualismus –, könnten im Durchschnitt etwa drei Viertel der Investitionspauschale über die Krankenversicherungen direkt finanziert werden.

Zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung

Karl-Heinz Schönbach, Christian Wehner und Jürgen Malzahn

Im Schatten der ungelösten Finanzierungsfragen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gerät auch die „Sicherstellungsfrage“ zunehmend in die Diskussion. Insbesondere in der haus- und fachärztlichen Versorgung wird für die Zukunft vielfach von einer drohenden Unterversorgung gesprochen und ein allgemeiner Ärztemangel unterstellt. Aber auch die Krankenhäuser bemängeln 5.000 dauerhaft nicht besetzbare Arztstellen. Mit den Ländern kritisieren sie eine tendenzielle Gefährdung der flächendeckenden Versorgung. Insofern ist eine kritische Bestandsaufnahme der tatsächlichen Versorgungssituation erforderlich. Denn nur zu gerne argumentieren die Vertragspartner der GKV politisch mit einem angeblichen „Ärztemangel“, um Einkommenssteigerungen durchzusetzen. Aber nicht die reine Anzahl der Ärzte und Betten ist für die Versorgungslage maßgeblich, sondern auch die Anreize für die Leistungserbringer aus den vorhandenen Vergütungssystemen. Ebenso ist es in diesem Zusammenhang unerlässlich, Vergleiche mit internationalen Systemen zu nutzen, damit die Effizienz des Gesundheitswesens mit seinen Strukturen bewertet werden kann. Spätestens hier entpuppt sich der argumentative Weg von der Ärzteschwemme zum Ärztemangel als politischer Hinterhalt.

Wo in Deutschland sollen Krankenhäuser stehen? Ein empirischer Vorschlag

Markus Lüngen und Guido Büscher

Mit der Krankenhausplanung werden die Bundesländer ihrem gesetzlichen Auftrag gerecht, eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit stationären Leistungen zu gewährleisten. Derzeit wird Krankenhausplanung wesentlich als Fortschreibung von Kapazitäten verstanden, bei der sowohl Erreichbarkeit als auch Qualitätsgesichtspunkte allenfalls marginal Berücksichtigung finden. Der Beitrag diskutiert einen methodischen Vorschlag, wie eine Optimierung der Erreichbarkeit umgesetzt werden kann. Dieser Vorschlag basiert auf empirischen Daten über das räumliche Inanspruchnahmeverhalten von stationären Leistungen in Deutschland. An zwei Beispielen, dem Ruhrgebiet und dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, wird das Verfahren exemplarisch vorgestellt. Vorgeschlagen wird zudem die Einbeziehung von Qualitätsaspekten sowie dynamischer wettbewerblicher Überlegungen. Die Autoren schlagen vor, die Krankenhausplanung auf neue methodische Grundlagen zu stellen.

Konturen künftiger Psych-Entgelte

Antje Haas und Wulf-Dietrich Leber

Die Vergütung psychiatrischer Leistungen soll gemäß Paragraf 17 d Krankenhausfinanzierungsgesetz neu geregelt werden. Vorbild für den Entwicklungsprozess ist die DRG-Einführung, auch wenn Tagesstatt Fallpauschalen vergütet werden sollen. Ein Überblick der gegenwärtigen einrichtungsbezogenen Pflegesätze zeigt zu zwei Dritteln Pflegesätze zwischen 170 und 240 Euro. Die Entwicklungsarbeiten der Selbstverwaltung für die künftigen Psych-Entgelte manifestieren sich in der Beauftragung des DRG-Institutes InEK sowie in der Erarbeitung von Kodierrichtlinien. Erhebliche Kontroversen hat die Erweiterung des Prozedurenschlüssels OPS durch das DIMDI zwecks Erfassung des Leistungsgeschehens evoziert. Noch nicht gelöst ist die Erfassung des Leistungsgeschehens im Bereich der Psychiatrischen Institutsambulanzen, die sich vergütungstechnisch ausgesprochen heterogen zeigen. Welche Vergütungsformen neben den Tagespauschalen später zur Anwendung kommen, kann erst auf Basis fallübergreifender Daten entschieden werden. Analytisch ertragreich sind derzeit vor allem die patientenbezogenen Kassendaten. Die nächsten Entwicklungsschritte (Kodierung und Kalkulation) werden die Transparenz über das Leistungsgeschehen wesentlich erhöhen. Außerdem steht die Debatte zum ordnungspolitischen Rahmen der Vergütung an.

Teil III Krankenhauspolitische Chronik

Krankenhauspolitische Chronik

Simone Burmann

Teil IV Daten und Analysen

Die Krankenhausbudgets 2008 und 2009 unter dem Einfluss des KHRG

Helena Kramer, Gregor Leclerque und Jörg Friedrich

Zum Ende der Konvergenzphase 2005–2008 sind mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) die Normierungen zur Budgetfindung stationärer Einrichtungen ab 2009 modifiziert worden. Die im KHRG verankerte Aufstockung des Finanzierungsvolumens hat dazu geführt, dass Krankenhausbudgets des Jahres 2009 deutlich stärker angewachsen sind als in den Jahren zuvor. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurden einmalig im Jahr 2009 gültige Regelungen implementiert, welche die Ausgaben der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung in diesem Jahr noch entlasten. Durch deren Wegfall im Jahr 2010 ist aber für das Folgejahr eine entsprechende weitere Budgetsteigerung vorprogrammiert. Das späte Inkrafttreten des KHRG hat die prospektive Vereinbarung der Budgets weitestgehend verhindert, die Vielzahl an neuen und teilweise auch sehr streitbefangenen Regelungen hat zudem den Verhandlungsprozess verlangsamt. Dennoch haben die Regelungen zur Abrechnung von DRG-Leistungen dazu geführt, dass das zahlungswirksame Preisniveau 2009 die Ergebnisse der retrospektiv geschlossenen Ergebnisse in weiten Teilen vorweggenommen hat.

Statistische Krankenhausdaten: Grund- und Kostendaten der Krankenhäuser 2008

Ute Bölt

Dieser Beitrag fasst die Ergebnisse der Krankenhausstatistik zu den Grund- und Kostendaten der Krankenhäuser für das Berichtsjahr 2008 zusammen. Er gibt einen Überblick über die sachlichen und personellen Ressourcen (zum Beispiel Betten, Fachabteilungen, Personal) sowie die Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen (Patientenbewegungen) und beziffert die Aufwendungen für Personal und Sachkosten. Die Krankenhausstatistik ist eine seit 1991 bundeseinheitlich durchgeführte jährliche Vollerhebung. Auskunftspflichtig sind die Träger der Krankenhäuser und der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen. Die Diagnosedaten der Krankenhauspatienten werden wie die fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) jeweils in einem gesonderten Beitrag behandelt (siehe Kapitel 19–20). 

Statistische Krankenhausdaten: Diagnosedaten der Krankenhauspatienten 2008

Torsten Schelhase

Die Diagnosen der Krankenhauspatienten bilden das gesamte vollstationäre Geschehen in den deutschen Krankenhäusern ab. Dieser Beitrag beschreibt die Ergebnisse der Diagnosedaten der Krankenhauspatienten für das Jahr 2008. Diese amtliche Statistik wird seit 1993 jährlich als Vollerhebung durchgeführt. Alle Krankenhäuser in Deutschland sind auskunftspflichtig. Erfasst werden alle Patienten, die im Berichtsjahr aus der vollstationären Behandlung eines Krankenhauses entlassen werden. Im Jahr 2008 waren dies knapp 18 Millionen Patienten; damit ist die Fallzahl im Vorjahresvergleich erneut angestiegen. Die Ergebnisse der Diagnosen werden nach wichtigen Indikatoren wie Hauptdiagnosen, Alter, Geschlecht, Verweildauer und Fachabteilungen dargestellt. Aufgrund geschlechts- und altersspezifischer Morbiditätshäufigkeiten werden die Ergebnisse teilweise standardisiert und so um den demographischen Effekt bereinigt. Dadurch sind bevölkerungsunabhängige Aussagen möglich.

Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik Diagnosen und Prozeduren der Krankenhauspatienten auf Basis der Daten nach § 21 Krankenhausentgeltgesetz

Jutta Spindler

Mit den DRG-Daten nach Paragraph 21 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) steht den Nutzerinnen und Nutzern im Rahmen des Angebots des Statistischen Bundesamtes seit dem Jahr 2005 neben den Grund- und Kostendaten und den Diagnosedaten der Krankenhäuser eine weitere wichtige Datenquelle zur Verfügung. Gegenstand dieses Beitrags sind zentrale Ergebnisse zur stationären Versorgung des Jahres 2008, die das Informationsspektrum der herkömmlichen amtlichen Krankenhausstatistik ergänzen und erweitern. Im Vordergrund stehen die Art und Häufigkeit durchgeführter Operationen und medizinischer Prozeduren sowie die Darstellung wichtiger Hauptdiagnosen, ergänzt um ihre jeweiligen Nebendiagnosen auch unter fachabteilungsspezifischen Gesichtspunkten der vollstationär behandelten Krankenhauspatientinnen und -patienten. Ausgewählte Ergebnisse zum erbrachten Leistungsspektrum der Krankenhäuser, insbesondere zur Art und zum Umfang der abgerechneten Fallpauschalen (DRGs) und den Hauptdiagnosegruppen (MDCs) werden in diesem Beitrag ebenfalls dargestellt.

DRG-Krankenhäuser im letzten Jahr der Budgetkonvergenz

Jörg Friedrich und Kerstin Heyde

Im diesjährigen Directory deutscher Krankenhäuser gehen neben Eckdaten aus den Budgetvereinbarungen  auch Informationen zu QSR-Behandlungsergebnissen  aus den Jahren 2006–2008 für AOK-Versicherte in den drei Leistungsbereichen „Einsetzen einer Endoprothese bei Coxarthrose“ (Hüft-EP), „Einsetzen einer Endoprothese oder osteosynthetische Versorgung nach einem hüftgelenknahen Oberschenkelbruch“ sowie „Einsatz eines künstlichen Kniegelenks bei Gonarthrose“ (Knie-TEP) ein. Insgesamt finden 1.588 Krankenhäuser Eingang, von denen zu 1.475 Einrichtungen eine Budgetvereinbarung des Jahres 2009 vorliegt.